4 Der Zirkelschluss der Diagnosekriterien von F45.0 Somatisierungsstörung
Der Diagnose F45.0 unterliegt unverkennbar ein Zirkelschluss. Es kommt in die Prämissen der Argumentation schon das hinein, was dann als gefolgerte These wieder herauszuholen ist.
Beweisen möchte man gerne die Konklusion:
„Diese nur scheinbar körperliche Symptomatik ist in Wahrheit psychosomatisch”.
Die Diagnosekriterien enthalten als Prämissen aber bereits die Aussage
„ungeklärte medizinische Krankheit alleine ist bereits ein psychologisches Symptom”…
Ähnlich wie ein Taschenspieler etwa Uhren oder Kaninchen aus einem Zylinderhut hervorzaubert, nachdem er sie vorher heimlich hineinpraktiziert hat.
4.1 F32.8 Larvierte Depression und andere „atypische” Störungen sowie F41.1 (Generalisierte) Angststörung
Ebenso logisch fehlerhaft wie die Definitionen der Somatisierungsstörung sind die Definitionen der Konstrukte „larvierte Depression” und „Generalisierte Angststörung”.
Sie verletzen eine ganz wesentliche Forderung an wissenschaftliche Hypothesen:
Ein empirisch-wissenschaftliches System muß an der Erfahrung scheitern können.
― Karl Popper: Logik der Forschung, s. 15
Grundlage für Wissenschaftlichkeit sind Falsifizierungskriterien¹. Diese fehlen hier nicht etwa aus „Pfusch” o.ä., sondern per Definition. Aus Absicht. Die Aussage ist, daß gerade das Fehlen von „typischen” Kriterien auf irgendeine seltsame Art „typisch” sei. Natürlich: Untypische Verläufe gibt es immer. Aber es braucht Chuzpe um diese Charakteristik zum definiens zu erheben.
– Kurz und knapp: Eine Diagnose ohne überprüfbare Kriterien, die mit keiner möglichen Tatsache mehr kollidieren kann, kann schlichtweg nicht wissenschaftlich sein.
Typisch für die Generalisierte Angststörung ist ebenso wie für die „larvierte Depression” das fehlende Falsifikationskriterium. Weil nicht anggebbar ist, „wovor?” die Person angeblich „Angst” hat, „worauf?” sich die Angst angeblich bezieht – und sich darum auch nicht ausschliessen lässt – hat das Konstrukt die paradoxe Formulierung der „Angst vor der Angst” etabliert.
In der Formulierung des „typischerweise Untypischen” haben wir eine ähnlich paradoxe Reduplikation wie in der „Angst vor der Angst“